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Pharma-Kooperationen für den medizinischen Fortschritt

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Kooperationen sind die Treiber für medizinischen Fortschritt. Aber was macht eine gute Pharma-Kooperation aus, was passiert, wenn verschiedene Kulturen aufeinandertreffen, und wie geht man damit um, wenn am Ende nicht das gewünschte Ergebnis steht? 

Darüber haben sich Dr. Birgit Kerber, Head of Innovation and Translation EMBL-EBI bei EMBLEM, einem auf Technologietransfer spezialisierten Unternehmen mit Sitz in Heidelberg sowie die Biochemikerin Dr. Anette Sommer und ihr Kollege, der Immunologe Dr. Ulrich Zügel, beide bei Pfizer, ausgetauscht.

In diesem Beitrag:

Es gibt gute Gründe, dass Forschungseinrichtungen, Biotech- und Pharmaunternehmen zusammenarbeiten. Man könnte es auf diese Formel bringen:  Es geht um Translation und Technologietransfer. Mit vereinten Kräften und Kompetenzen wird dabei vieles möglich, zum Beispiel:  

  • Ergebnisse der Grundlagenforschung kommen so schneller in die Anwendung – beispielsweise als neue Therapie für Menschen mit einer bestimmten Erkrankung.

  • Aus einem innovativen Forschungsansatz eines Biotechunternehmens kann mit großer Geschwindigkeit beispielsweise ein Impfstoff für Millionen Menschen entwickelt werden. 

  • Große Datensätze können mit neuesten Technologien wie Deep-Learning-Methoden, Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning  für die Medizin analysiert und Ansätze für die Medikamentenentwicklung gewonnen werden.

Open Targets bietet neue Plattform für Kooperation von pharmazeutischen Unternehmen


Sie drei arbeiten zusammen in einem Projekt, das sich Open Targets nennt – worum geht es dabei genau?
Dr. Ulrich Zügel: Open Targets ist eine Plattform, die öffentlich verfügbare Daten nutzt und eigene experimentelle Daten erarbeitet, die Hinweise auf den Zusammenhang zwischen Wirkungen von Medikamenten und Krankheiten beschreiben. Ziel ist es, neue therapeutische Ansätze für die Arzneimittelentwicklung und die Forschung zu identifizieren.
 
Bei Pfizer als einem der beteiligten pharmazeutischen Unternehmen sind verschiedene Forschungsbereiche in diese Kooperation involviert: von der onkologischen Forschung bis hin zur immunologischen und der Forschung an Stoffwechselerkrankungen. 
Darüber hinaus sind auch Kolleg:innen aus dem Bereich Bioinformatik und auch im Bereich Target Sciences eingebunden. Denn sie suchen ständig nach neuen  und verbesserten Ansätzen für die Therapie von Erkrankungen. Und dabei hilft Open Targets enorm.

 

Hören Sie das ganze Gespräch als Podcast


Dr. Birgit Kerber: Das Projekt ist bei uns am EMBL hauptsächlich in Großbritannien, in der Nähe von Cambridge, angesiedelt, einem unserer Standorte neben dem Hauptsitz in Heidelberg und weiteren Standorten in Hamburg, Spanien, Italien und Frankreich. In Großbritannien  forschen 700 Mitarbeiter:innen. Das ist wahrscheinlich die größte Ansammlung von Bioinformatikern und Bioinformatikerinnen global. 

Bioinformatik bei Open Targets

Warum spielt die Bioinformatik eine so große Rolle dabei? 
Dr. Birgit Kerber:
Weil es unglaublich viele große Datenmengen gibt und auch immer weiter Daten generiert werden, die man nicht händisch auswerten kann. Dafür brauchen wir die Bioinformatik. Bei Open Targets suchen wir spezifische genetische Verbindungen zwischen Molekülen, an die ein Wirkstoff andocken kann (sogenannte Targets) und der Entwicklung bestimmter Krankheiten. 

Je nachdem, wie stark die genetische Verbindung ist, gibt es eine doppelt bis zehnmal so hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Wirkstoff sich auch in klinischen Studien als erfolgreich erweist. Oder umgekehrt, ist die Wahrscheinlichkeit zu scheitern viel höher, wenn es diesen Link nicht gibt. Diesen Zusammenhang haben wir vor dem Start von Open Targets gefunden, indem wir alle von der FDA zugelassenen Medikamente analysiert und nach genetischen Gemeinsamkeiten gesucht haben. Letztes Jahr haben wir eine weitere solche Analyse durchgeführt, die die Wichtigkeit der genetischen Verbindung zwischen Target und Krankheit für den klinischen Erfolg bestätigt hat.

Deswegen müssen wir alles miteinander vergleichen und vernetzen. Hinzu kommen dann noch weitere öffentlich verfügbare Informationen neben der Genetik – unser Anspruch ist, zu einem gegebenen Zeitpunkt alles zu wissen, was über das Target bekannt ist und durch unsere experimentellen Programme wichtige fehlende Informationen zu erarbeiten


Und was wissen Sie dann über einen potenziellen Wirkstoff?
Dr. Birgit Kerber:
Wir können dann in einer sehr frühen Forschungsphase voraussagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Medikament, das gegen ein bestimmtes Target entwickelt wird, sicher und auch wirksam sein kann. 
Um dieses Wissen immer besser und schneller gewinnen zu können, entwickeln wir auch Methoden zur Integration und zur statistischen Auswertung: maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz, Deep Learning-Methoden. 

Auch interessant: Proteine als Angriffspunkte für Medikamente

Pharma-Kooperationen treiben medizinische Forschung im Bereich Krebs voran

 

Frau Dr. Sommer, welche Erwartungen zur zukünftigen Therapie von Krebserkrankungen sind mit einer solchen Pharma-Kooperation verbunden? 
Dr. Anette Sommer: Meine Erwartung ist, dass innerhalb von Kooperationen auch neueste technologische Entwicklungen in die Forschung mit einfließen. Ein Beispiel, weil es ein junger, sehr großer Durchbruch ist: die sogenannte Einzelzell-RNA-Sequenzierung. Hier fließt praktisch alles zusammen, was an neuen Technologien vorhanden ist. 
Früher haben wir einfach ein Gewebe analysiert und zwar als gesamte Masse. Jetzt interessieren wir uns dafür, was jede einzelne Zelle in einem Gewebeverbund macht. Man muss sich das vorstellen als riesige Datenmengen über unterschiedliche Zellen, das kann eine Tumorzelle sein, eine bestimmte Immunzelle oder eine Gefäßzelle. 
Aus dem Informationsgehalt dieser einzelnen Zellen kommen wir zu wirklich neuen Erkenntnissen. Die Einzelzell-RNA-Sequenzierung hilft uns dabei, auf neue Target-Ideen zu kommen - also Angriffspunkte für molekulare Wirkstoffe - und ein besseres Verständnis von Signalübertragungswegen innerhalb und zwischen den Zellen. 

Medizinische Forschung und die Vorteile von Pharma-Kooperationen

Was sind eigentlich die Hauptgründe, warum Unternehmen und wissenschaftliche Institutionen kooperieren? 

Dr. Ulrich Zügel: Das hat viel mit der Erkenntnis zu tun, dass man gemeinsam stärker ist. Ich bin jetzt seit weit über 20 Jahren in der Arzneimittelentwicklung tätig. In den Anfängen war die Haltung in den meisten Unternehmen, dass die eigene Forschung die beste ist und Austausch daher nicht nötig. Das hat sich komplett geändert. 
Unternehmen suchen den direkten Dialog mit akademischen Partnern und auch mit jungen Biotechunternehmen, denn dort ist unglaublich viel Innovation. Was denen aber sehr häufig fehlt, ist das Know-how, diese Idee zu translatieren, also sie in einen neuen Medikamentenansatz oder ein neues Arzneimittel zu übertragen. 
 

Wie sieht das aus Sicht einer wissenschaftlichen Institution aus, Frau Dr. Kerber? 

Dr. Birgit Kerber: Ich beobachte auch, dass die Kooperationen in den letzten zehn Jahren zugenommen haben und dass gerade die Pharmaindustrie viel offener geworden ist. Damit ist auch ein größeres Verständnis für die akademische Kultur und auf der anderen Seite für die Erwartungen der Industrie an so eine Kooperation entstanden. 
Das Attraktive für uns in der Zusammenarbeit mit Pharmaunternehmen ist, dass die Forschungsergebnisse, unsere Forschungsplattformen und die Technologien, die entwickelt wurden, auch irgendwann in Medikamente münden. In Open Targets haben wir von vorneherein gesagt, dass wir nur Projekte machen, die keine Einrichtung so alleine machen könnte, sondern nur im Verbund. 

Gute und schlechte Pharma-Kooperationen

Was zeichnet eine gute Kooperation aus? 

Dr. Anette Sommer: Ich denke, da spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Ich glaube, man fängt damit an, dass man sich gegenseitig ein gutes Verständnis erarbeitet über die Erwartungen und Ziele, die alle Beteiligten haben, die man aneinander hat. Und ganz entscheidend ist auch:  durch die Vorgespräche, bevor das Projekt startet, eine Vertrauensbasis aufbauen. 
Und ein weiterer Aspekt, der manchmal unterschätzt wird, ist, auf kulturelle Besonderheiten Rücksicht zu nehmen. Es ist etwas ganz was anderes, ob ich mit französischen, israelischen oder englischen Teams arbeite. 
Und schließlich: Eine gute Kooperation kann auch mit Situationen gut umgehen, wenn die Ergebnisse nicht so sind, wie erwartet. Das ist in der Forschung eigentlich der Normalfall, trotzdem kommt es dann darauf an, konstruktiv nach den Ursachen zu suchen und nach Lösungswegen. Das ist eigentlich unser tägliches Brot. 
 

Scheitern Kooperationen von Pharma-Unternehmen auch?

Dr. Birgit Kerber: Scheitern in dem Sinne, dass man im Streit auseinandergeht oder das überhaupt nicht läuft, das habe ich so noch nicht erlebt. Es gibt eher Situationen, wo zum Beispiel Zeitpläne nicht eingehalten werden, weil es im Labor vielleicht nicht so funktioniert, wie man sich das vorstellt. 
Die Zellen machen nicht, was man denkt, und dann muss man probieren und es dauert ein bisschen länger. Oder man hat ein Experiment angefangen mit einer bestimmten Hypothese im Kopf und merkt aber, da kommt was anderes raus. So ist einfachWissenschaft. Ich denke, Kommunikation ist ein ganz wichtiger Bestandteil dafür, dass Kooperationen gelingen 

Dr. Ulrich Zügel: In meiner Laufbahn habe ich ganz wenige Kooperationen wirklich scheitern sehen. Ich habe aber viele Kooperationen erlebt, bei denen das anfängliche Ziel nicht erreicht wurde. Das war aber eigentlich nie ein Misserfolg, weil man aus all diesen Kooperationen und Zusammenarbeiten immer etwas gelernt hat für das nächste Projekt. 

 

Medizinischer Fortschritt durch Pharma-Kooperationen

Zum Ende des Gesprächs noch die Frage an Sie drei: Welche Bedeutung werden Kooperationen für den medizinischen Fortschritt der Zukunft haben? 

Dr. Birgit Kerber: Sie sind wahnsinnig wichtig. Insgesamt nicht nur für den medizinischen Fortschritt der Zukunft, sondern für die ganzen globalen Probleme, vor denen wir jetzt stehen – auch für die Klimakrise: Wir können nur gut sein, indem wir zusammenarbeiten. Dabei hat die Grundlagenforschung eine große Bedeutung. Und die angewandte Forschung muss das in die Praxis bringen, hin zu Produkten, die den Menschen zugutekommen. Genau dafür sind Kooperationen fundamental wichtig. 
 

Dr. Ulrich Zügel: Ich bin genau der gleichen Meinung: Ich glaube, wir können all diese zukünftigen Herausforderungen auf sehr unterschiedlichen Ebenen nur gemeinsam meistern. Und ich glaube auch, dass einige Erfolgsmodelle oder erfolgreiche Kollaborationen, die wir ja bereits gestartet haben, auch ein Role Model sind für zukünftige Kooperationen. 

Eine Kooperation, die natürlich eine ganz besondere Rolle spielt, ist die Kooperation zwischen Pfizer und BioNTech, in der wir gemeinsam den Impfstoff auf den Markt gebracht haben gegen COVID-19. 

 

Dr. Anette Sommer: Ja, Kooperationen sind für den Fortschritt ganz bedeutend. Auch mit Blick auf zukünftige Generationen an Forscher:innen in der Pharmaindustrie. Denn es zeichnen sich Nachwuchssorgen im Biotech- und im Pharmabereich ab. 

In diesem Zusammenhang bieten Kooperationen Wissenschaftler:innen einen Einblick in die Entwicklung von Arzneimitteln oder Impfstoffen und damit vielleicht auch eine Karriereperspektive. 

 

 

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