Impfungen gelten als eine der größten Errungenschaften der Medizin – in vielen Fällen können sie nicht nur Krankheiten effektiv vermeiden, sondern auch Leben retten. Dennoch wird ihr Potenzial in Deutschland nicht ausgeschöpft. Warum das so ist, wie Apotheken zu höheren Impfquoten beitragen können und wie uns die Präventionswende gelingt, erläutert Ramin Heydarpour, Manager Regional Market Access bei Pfizer.
Sebastian Zirfas, Head of Policy & Public Affairs (© Pfizer)
Dr. med. Christian Lenz ist seit Januar 2024 Medizinischer Direktor von Pfizer Deutschland. In dieser Rolle leitet er die medizinisch wissenschaftliche Abteilung für alle Therapiebereiche und ist Mitglied der Geschäftsführung. Christian Lenz hat Humanmedizin in Heidelberg studiert und erwarb einen Master of Science in pharmazeutischer Medizin in Dublin und Harvard. Seit er 2002 zu Pfizer kam, hatte er eine Reihe lokaler, regionaler und globaler Führungspositionen im Bereich Medical Affairs, Health Economics & Outcomes Research und Market Access in verschiedenen Therapiegebieten inne.
Impfungen sind aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. Sie können inzwischen vor Krankheiten bewahren, die noch bis ins 20. Jahrhundert hinein ein großes Problem waren. Auf der ganzen Welt retten Impfungen heutzutage ca. 2 bis 3 Millionen Leben im Jahr – weitere 1,5 Millionen Todesfälle könnten verhindert werden, wenn noch mehr Menschen geimpft wären.1 Dabei profitiert nicht nur jede:r Einzelne, sondern Impfungen tragen zum Schutz der Gemeinschaft bei: Fachleute gehen davon aus, dass Krankheitsausbrüche vollständig verhindert werden könnten, wenn bis zu 95 Prozent der Menschen geimpft wären.2
Dennoch bestehen auch in Deutschland große Impflücken: Allein im Hinblick auf Grippe, Pneumokokken oder der durch Zecken übertragenen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) sind rund 53,9 Millionen Menschen nicht geschützt, obwohl die Ständige Impfkommission (STIKO) dies für sie empfiehlt.3 Dabei ist die grundsätzliche Impfbereitschaft der deutschen Bevölkerung hoch. Allerdings gibt es im Alltag oft Hürden, wie etwa Wartezeiten auf Termine und lange Wege in die ärztliche Praxis. Hinzu kommt, dass viele Menschen keine Hausärztin oder keinen Hausarzt mehr haben und die Zahl der Praxen – gerade in ländlichen Gebieten – bis 2030 weiter deutlich sinken wird.
Eine vielversprechende Möglichkeit bieten Impfungen in Apotheken, die das Angebot der ärztlichen Praxen ergänzen. In Deutschland dürfen Apotheker:innen bislang gegen COVID-19 und Influenza impfen. Hier gibt es noch viel Luft nach oben – andere Länder machen es bereits erfolgreich vor: In Europa sind niedrigschwellige Impfangebote in Apotheken bislang in 15 Ländern etabliert.4 Expert:innen schätzen, dass in Deutschland durch Impfungen in Apotheken allein gegen Influenza, FSME und Pneumokokken jährlich rund 7,5 Mio. Menschen zusätzlich immunisiert werden könnten.3
Auch hier lohnt der Blick zu unseren europäischen Nachbarn, in denen die Impfquoten bei Grippe durch das zusätzliche Impfangebot um zweistellige Prozentwerte gesteigert werden konnten.5 Solche Zahlen haben große Wirkung: So zeigt eine Modellrechnung, dass die Apotheken in Deutschland jährlich zusätzlich 1,7 Millionen Pneumokokken-Impfungen leisten und damit mindestens 20.000 Krankheitsfälle sowie über 75.000 Arbeitsunfähigkeitstage pro Jahr verhindern könnten.9 Bei epidemischen Erkrankungen wie Grippe oder COVID-19, aber auch FSME sind diese Effekte noch größer.
Nicht zuletzt hat die COVID-19-Pandemie gezeigt, dass niedrigschwellige Impfangebote – von Impfzentren über mobile Impfbusse bis hin zu Aktionen in Sportvereinen, im Supermarkt oder am Arbeitsplatz – die Menschen auch hierzulande erreichen können. Insgesamt 78 % der Deutschen haben darüber mindestens eine COVID-19-Impfung bezogen.6
Apotheken verfügen über hochkompetentes Personal und sind meist leicht zu erreichen – egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Sie versorgen bundesweit rund 3 Millionen Patient:innen pro Tag und bieten Service ohne Termin oder lange Wartezeiten.7 Durch längere Öffnungszeiten lässt sich der Besuch in Apotheken oft leichter in den Alltag der Menschen integrieren.
Zudem genießen Apotheker:innen hohes Vertrauen in der Bevölkerung. So ist die Apotheke vor Ort für 96 Prozent der deutschen Bevölkerung wichtig.8 Auch die Zufriedenheit mit den in der Apotheke erhaltenen Grippeschutzimpfungen in bisherigen Modellprojekten ist groß: Etwa 8 von 10 Befragten gaben an, sich auch gegen andere Erkrankungen gerne in der Apotheke impfen lassen zu wollen.9 Insgesamt könnte sich rund die Hälfte aller Deutschen vorstellen, Impfangebote in einer Apotheke wahrzunehmen – unter den 18- bis 29-Jährigen sogar 59 Prozent.8
Apotheken könnten Ärztinnen und Ärzte auch über die reine Impfung hinaus zukünftig noch weiter entlasten: Etwa durch einen systematischen Impfpass-Check, um Präventionslücken frühzeitig zu erkennen und Menschen gezielt zu beraten. Die Digitalisierung bietet zudem die Chance, telemedizinische Angebote in Apotheken zu verankern. In enger Zusammenarbeit mit ärztlichen Praxen könnten Patient:innen darüber z. B. frühzeitig diagnostiziert und leitliniengerecht behandelt werden oder Folgerezepte für Dauermedikationen erhalten und direkt in der Apotheke einlösen.10 Das Potenzial eines ausgeweiteten Angebots in den Apotheken vor Ort ist also groß und bietet viele Chancen. Wir müssen sie nur angehen und nutzen.
Die Ausweitung der wohnortnahen Versorgung und niedrigschwelligen Impfangebote in Apotheken wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung. Apotheken sind nicht nur reine Arzneimittelversorger, sondern zentrale Akteure im Gesundheitssystem und sollten daher noch mehr Kompetenzen erhalten. So wünschen sich rund zwei Drittel der deutschen Bevölkerung mehr Versorgungsleistungen der Apotheke vor Ort.8
Dass wir bei der Prävention grundsätzlich Nachholbedarf haben, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Aktuell fließen nur rund 3 bis 6 Prozent der Ausgaben im Gesundheitswesen in die Vorsorge. Es braucht also ein Umdenken – weg vom Reparaturbetrieb und rein in den Präventionsmodus. Wir müssen vermeidbare Erkrankung stoppen, bevor sie entstehen. Von mehr Investitionen in Prävention könnten wir als Gesellschaft gleich dreifach profitieren: Die Lebenserwartung der Menschen steigt, das Gesundheitssystem wird entlastet und die Wirtschaft durch weniger krankheitsbedingte Arbeitsausfälle gestärkt.
Grund genug, dass wir alle – Politik, Gesundheitswesen und Gesellschaft – gemeinsam an einem Strang ziehen und dem Thema dauerhaft einen hohen Stellenwert einräumen. Nur wenn wir Prävention als Querschnittsthema in allen relevanten gesundheitspolitischen Entscheidungen berücksichtigen, kann uns ein nachhaltiges Gesundheitssystem gelingen. Denn Prävention ist mehr als nur Vorbeugung: Sie kann die Antwort auf viele der aktuellen Krisen im Gesundheitswesen sein und den Menschen in Deutschland eine gesündere Zukunft ermöglichen.
Weltgesundheitsorganisation. Verfügbar unter: https://www.who.int/news-room/spotlight/ten-threats-to-global-health-in-2019.
Letzter Zugriff: 22.04.2025.
Nationale Lenkungsgruppe Impfen (NaLi). Verfügbar unter: https://www.nali-impfen.de/impfen-in-deutschland/nationale-impfstrategien-impfziele/. Letzter Zugriff: 22.04.2025.
Bauer C, May U. Mehr Impfangebote in Apotheken: Stärkung der individuellen Gesundheit und Mehrwert für die Gesellschaft. 2024. Pfizer data on file.
European Community Pharmacists (PGEU). Verfügbar unter: https://www.pgeu.eu/wp-content/uploads/2023/11/The-role-of-community-pharmacists-in-vaccination-PGEU-Position-Paper.pdf. Letzter Zugriff: 22.04.2025.
May U, Bauer C. Deutsche Apotheker Zeitung. Verfügbar unter: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2021/daz-30-2021/kleiner-piks-grosses-potenzial. Letzter Zugriff: 22.04.2025.
Impfdashboard. Verfügbar unter: https://impfdashboard.de/. Letzter Zugriff: 22.04.2025.
Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Verfügbar unter: https://www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/ZDF/Zahlen-Daten-Fakten-24/ABDA_ZDF_2024_Broschuere.pdf.
Letzter Zugriff: 22.04.2025.
Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Verfügbar unter: https://www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/Pressetermine/2025/Pk_20250409_forsa-Umfrage/ABDA_Online-PK_20250409_Folienpraesentation.pdf. Letzter Zugriff: 22.04.2025.
May U, Bauer C, Giulini-Limbach C, et al. Value in Health 2022. 25:12(Suppl):S283.
Pharmazeutische Zeitung. Verfügbar unter: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/telemedizin-projekt-in-der-apotheke-154176/.
Letzter Zugriff: 22.04.2025.
Die Zellbiologie forscht mit KI, um Krankheitsursachen zu finden und neue Medikamente zu entwickeln. Bei Pfizer arbeitet daher der Zellbiologe Dr. David von Schack eng mit dem KI-Experten Dr. Daniel Ziemek zusammen. Ein Gespräch mit den beiden über eines der dynamischsten Forschungsfelder unserer Zeit.
KI ist ein Treiber für Innovation. Insbesondere an der Schnittstelle von Biologie und Datenwissenschaften entstehen ganz neue medizinische Möglichkeiten.
Künstliche Intelligenz kann vieles zum Besseren verändern – in der Wissenschaft, der Medizin und in der täglichen Versorgung.
We've implemented an unprecedented, comprehensive preparedness plan to control our site operations. Here's the latest.
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