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HomeNewsroomNews & StoriesNews & Stories„Wir sollten Krankheiten nicht unterschiedlich bewerten“Gesundheitskompetenz

22.03.2023 von Bettina Lutz

Manchmal ist es schwerer, mit den Vorurteilen zu einer Erkrankung zu leben, als mit der Erkrankung selbst. Krankheits-Stigmata dürfen nicht zu einer weiteren Belastung werden und medizinischen Fortschritt behindern.

„ICH.MAG.DAS.NICHT.MEHR.HÖREN!“ – Der Aufschrei einer Frau im Internet kommt aus tiefster Seele. Nein, ihr Haarausfall habe nichts mit ihrer Ernährung zu tun. Es liege auch nicht an der falschen Haartönung. Sie habe kreisrunden Haarausfall, „Alopecia Areata“, eine entzündliche Autoimmunerkrankung. Nicht einmal die eigene Familie begreife das.

Etwa 1,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter „Alopecia Areata“. Ihre Haare fallen büschelweise, manchmal komplett aus und wachsen nicht mehr nach. Kreisrunder Haarausfall trifft Erwachsene wie Kinder und ist eine jener Erkrankungen, die stigmatisiert sind. Ein junger Mensch ohne Haare? Darauf ist die Gesellschaft nicht vorbereitet. Genauso wenig auf eine kahlköpfige Frau, die keine Chemo hinter sich hat. Oder einen Mann, dessen Frisur viele freie Stellen hat. 

Manchmal leiden Betroffene stärker unter gesellschaftlichen Vorurteilen als unter der Erkrankung selbst. Auch Menschen mit Adipositas, Hautkrankheiten oder psychischen Leiden kennen das, bisweilen Menschen mit Krebs: Falsch ernährt, falsch bewegt, falsch gelebt – es sind Schuldzuschreibungen, die Distanz schaffen. Die Betroffenen fühlen sich nicht als Person gesehen und kämpfen gegen Vorurteile wie gegen Windmühlen an.

Das kann nicht jeder so einfach wegstecken. Wie sollen etwa Kinder mit kreisrundem Haarausfall zu einer selbstbewussten Persönlichkeit heranwachsen, wenn sie ständigen Sticheleien oder gar Mobbing ausgesetzt sind? Wie sollen Erwachsene frohgemut bleiben, wenn sie in nahezu jedem Kontakt bemerken, dass man sie nicht als Individuum sieht? Viele Betroffene reagieren gestresst, manche ziehen sich zurück, andere verschanzen sich gar. Ihr Selbstwertgefühl leidet, Depressionen können entstehen, Ängste ausbrechen. Stigmatisierung wurde schon als „zweite Krankheit“ bezeichnet und ist definitiv ein Public-Health-Problem. Auch hat sie volkswirtschaftliche Folgen, wenn Menschen sich aus dem Arbeitsleben zurückziehen, weil sie der Stress durch permanente Vorurteile letztlich zusätzlich krank gemacht hat.

Stigmatisierung wird allerdings auch zum medizinischen Problem, wenn sie bis in gesetzliche Rahmenbedingungen gedrungen ist: Der so genannte „Lifestyle-Paragraph“ besagt, dass Arzneimittel, bei denen lediglich die Lebensqualität im Vordergrund stehe, für gesetzlich Versicherte keine Kassenleistung sei. So genannte „Lifestyle-Medikamente“ sind beispielsweise Appetitzügler, Arzneien zur Raucherentwöhnung oder Medikamente zur Verbesserung des Haarwuchses. Es gehe bei solchen Präparaten nicht ausschließlich um Krankheitsbehandlung, sondern „individuelle Bedürfnisbefriedigung“, so die Argumentation.

Die Wissenschaft ist weiter. So ist heute beispielsweise bekannt, dass Adipositas auch genetische und hormonelle Ursachen haben kann und nicht allein mit dem Lebensstil zusammenhängt. Rauchen ist eine Suchtkrankheit und Entwöhnung keine reine Willensfrage. Auch ist kreisrunder Haarausfall insbesondere für Heranwachsende und junge Menschen mehr als nur ein kosmetisches Problem. 

Wo eine Erkrankung als eigenverursachtes Problem definiert wird, da fühlen sich Betroffene allein. Da stehen nicht zuletzt auch die Therapien im Schatten, weil sie von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erstattet werden; die Patient:innen zahlen selbst. Wir sollten Krankheiten nicht unterschiedlich bewerten und müssen alles dafür tun, die Stigmatisierung, die damit einhergeht, zu beseitigen: von Mensch zu Mensch und im System.   



BETTINA LUTZ
Inflammation & Immunology
Therapeutic Lead Pfizer Deutschland

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