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HomeNewsroomNews & StoriesVom Stigma zur strukturierten Versorgung: Deutschlands Zukunft in der AdipositasbehandlungVom Stigma zur strukturierten Versorgung: Deutschlands Zukunft in der Adipositasbehandlung

Über eine Milliarde Menschen leiden weltweit unter Adipositas. In Deutschland gelten laut Angaben der Deutschen Adipositas Gesellschaft etwa 16 Millionen Menschen als stark übergewichtig und somit als adipös.1, 2 Obwohl der Deutsche Bundestag Adipositas seit 2020 offiziell als Krankheit anerkennt, wird sie noch oft als „Lifestyle-Problem“ betrachtet und viele Betroffene erhalten keine angemessene Therapie. Doch welche gesellschaftlichen Herausforderungen bringt die chronische Krankheit mit sich und wie sollte eine strukturierte Versorgung aussehen? Das von Pfizer unterstütze Tagesspiegel Fachforum Gesundheit am 06. Juni 2024 eröffnete eine Diskussion, in der sich relevante Akteur:innen aus Wissenschaft, Politik, Patient:innen- und Krankenkassenvertretung mit diesen Fragen auseinandersetzten.

Zur Person:

Dr. med. Christian Lenz ist seit Januar 2024 Medizinischer Direktor von Pfizer Deutschland. In dieser Rolle leitet er die medizinisch wissenschaftliche Abteilung für alle Therapiebereiche und ist Mitglied der Geschäftsführung. Christian Lenz hat Humanmedizin in Heidelberg studiert und erwarb einen Master of Science in pharmazeutischer Medizin in Dublin und Harvard. Seit er 2002 zu Pfizer kam, hatte er eine Reihe lokaler, regionaler und globaler Führungspositionen im Bereich Medical Affairs, Health Economics & Outcomes Research und Market Access in verschiedenen Therapiegebieten inne.

Ursachen und Auswirkungen von Adipositas

Immer mehr Menschen in Deutschland leiden an Adipositas. Die Ursachen und Auswirkungen der chronischen Stoffwechselerkrankung sind vielfältig. Eine zentrale Rolle bei ihrer Entwicklung spielen die Ernährung, das soziale Umfeld und psychologische Faktoren wie Stress sowie Schlaf- und Zeitmangel.2 Auch die Genetik ist entscheidend. „Viele Menschen besitzen eine veraltete Software in einer neuen Hardware, das heißt ihre genetische Ausstattung passt nicht mehr zu der modernen Lebensweise, in der hochkalorische Nahrung im Überfluss vorhanden ist, und die Anfälligkeit zur Gewichtszunahme ist in der Gesellschaft weit verbreitet“, erklärt Dr. Birgit Schilling-Maßmann, Ärztin im Adipositaszentrum Aktiv vom Bundesverband Deutscher Ernährungsmediziner e.V..

Adipositas Quick-Facts aus der Veranstaltung
  • Der Anteil an Menschen mit Adipositas hat sich weltweit seit 1975 verdreifacht.

  • Kinder, die gestillt werden, haben ein geringeres Risiko adipös zu werden.

  • Die Planung von körperlicher Bewegung und Aktivität ist aktuell die häufigste Behandlungsmethode für Adipositas in Deutschland.

  • Die Zahl der Herz-Kreislauferkrankungen (häufige Begleiterkrankung) hat in den letzten Jahren unabhängig von der Altersgruppe zugenommen.

„Jeder fünfte Erwachsene in Deutschland ist adipös“Dr. Ines Weinhold, Geschäftsführerin WIG2 InstitutCopyright: Laurin Schmidt, Verlag Der Tagesspiegel

Adipositas gilt als eine der gefährlichsten chronischen Krankheiten, da sie sowohl körperliche, psychische als auch soziale Auswirkungen auf die Betroffenen hat und ernsthafte Begleit- und Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit sich bringt.1 „Knapp 90 % der an Adipositas erkrankten Patient:innen leiden zusätzlich an einer Folgeerkrankung und das Risiko für eine komplexe Multimorbidität steigt im Vergleich zu Patient:innen mit Normalgewicht stark an“ warnt Dr. Ines Weinhold, Geschäftsführerin des WIG2 Instituts. Folglich leidet auch das Gesundheitssystem unter den zunehmenden Erkrankungszahlen. Rund 60 Milliarden Euro pro Jahr fallen Dr. Weinhold zufolge durch direkte Behandlungskosten und indirekte Kosten, zum Beispiel durch den Verlust an Lebensqualität und durch eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, an.2

„Adipositas ist kein Lifestyle-Problem, sondern eine chronische Erkrankung“Prof. Arya Sharma, Experte für AdipositasmedizinCopyright: Laurin Schmidt, Verlag Der Tagesspiegel Krankheitsverständnis erweitern: Ein Schlüssel zur Prävention und Behandlung

Die dringliche Behandlungsbedürftigkeit der Adipositas wird nach wie vor unterschätzt. Oft wird die Erkrankung als „Lifestyle-Problem“ eingeordnet, für das Verhaltenstherapie verordnet wird.3 Eine Diät und vermehrte körperliche Aktivität reichen jedoch oft nicht aus, um der Gewichtszunahme entgegenzuwirken. Prof. Arya Sharma, Experte für Adipositasmedizin, erläutert: „Wer eine Diät macht, schickt seinen Körper in eine Art Hungersnot, bei der der Körper an jedem Kilo festhält, denn der menschliche Stoffwechsel ist eher für Hungerzeiten ausgelegt.“

„Die Erfolge einer Lifestyle-Behandlung bestehend aus Ernährungsberatung und körperlicher Aktivität liegen bei nur 3-5 %, eine ähnliche niedrige Erfolgsrate wie bei einer Lifestyle-Behandlung von Diabetes.“, so Prof. Sharma. „Das liegt daran, dass es sich bei Adipositas nicht um eine Lifestyle-Erkrankung, sondern um eine chronische Erkrankung handelt, die eine individuell angepasste Dauerbehandlung erfordert.“ Behandlungsmaßnahmen können neben der Verhaltenstherapie auch eine medikamentöse Behandlung und einen chirurgischen Eingriff umfassen und werden individuell an die Patient:innen angepasst.4, 5 Lesen Sie hier mehr über die einzelnen Bausteine der Adipositas-Behandlung. Unabhängig von der Art der Therapie fehlt in den meisten Fällen eine lebenslange Versorgung aufgrund von fehlendem Verständnis und Wissen rund um die Erkrankung. Daher kehren viele Patient:innen nach Behandlung rasch zu ihrem Ausgangsgewicht zurück. Dies liegt laut dem Plenum auch daran, dass sich nicht jede:r eine Therapie wie eine individuelle Ernährungsberatung leisten kann. Ob eine vorgeschlagene Therapieform von der Krankenkasse übernommen wird, wird nach Einzelfall entschieden und im Zweifel müssen die Betroffenen ihre Behandlung selbst bezahlen.

„Adipositas ist eine Erkrankung, die man den Betroffenen ansieht und die in der Gesellschaft nach wie vor Stigmatisierung und Diskriminierung ausgesetzt ist“Marion Rung-Friebe, 2. Vorsitzende des Adipositas Verband Deutschland e.V.Copyright: Laurin Schmidt, Verlag Der Tagesspiegel

„Viele Erkrankte fühlen sich nach wie vor von der Gesellschaft missverstanden. Stigmatisierung und Ausgrenzung sind weiterhin ein großes Problem im Alltag der Betroffenen und ein Hauptgrund, warum viele keine ärztliche Unterstützung suchen“, ergänzt Marion Rung-Friebe, 2. Vorsitzende des Adipositas Verband Deutschland e.V. und wird von Ariane Fäscher MdB aus der SPD-Bundestagsfraktion, in ihrer Aussage bestätigt. Daher sollte das Wissen rund um die Erkrankung in der Gesellschaft vermehrt gefördert werden, damit Stigmatisierung bereits im Kindesalter vorgebeugt wird, und die Weichen für eine gesunde Lebensweise früh gestellt werden können.3 So könnte zum Beispiel eine Reduzierung von Werbung für ungesunde Lebensmittel, insbesondere für Kinder, für mehr Transparenz in der Ernährung sorgen.

„Oft entwickelt sich eine Adipositas aufgrund von Stress, Zeitmangel und Einsamkeit. Besonders junge Menschen leiden heutzutage unter fehlenden sozialen Interaktionen und sind deshalb anfälliger für die Krankheit“Ariane Fäscher MdB, SPD-BundestagsfraktionCopyright: Laurin Schmidt, Verlag Der Tagesspiegel Strukturierte Versorgung: ein notwendiger Schritt für die Zukunft

Adipositas sollte nicht nur in der Gesellschaft allgemein, sondern auch in der ärztlichen Ausbildung verstärkt thematisiert werden, um eine Regelversorgung zu gewährleisten, die sich nicht nur auf spezialisierte Adipositaszentren beschränkt. Mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) beauftragte der Gesetzgeber den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), ein strukturiertes, leitliniengerechtes und bedarfsorientiertes Behandlungsprogramm (DMP) für Adipositas zu entwickeln, damit die Versorgungsrealität den Bedürfnissen von Versicherten mit Adipositas besser gerecht werden kann.6 Das Programm ist für Erwachsene mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30 zugänglich, jedoch müssen bei Erkrankten mit einem BMI von unter 35 Begleiterkrankungen vorliegen, um daran teilnehmen zu können.6

Adipositas Quick-Facts aus der Veranstaltung

Disease-Management-Programme zur strukturierten Behandlung von Menschen mit chronischen Erkrankungen gibt es aktuell für mehrere chronische Krankheiten wie Koronare Herzkrankheit, Diabetes Typ 1 und 2 und Chronisch Obstruktive Lungenkrankheit (COPD). Evaluierte Schulungsprogramme sind Voraussetzung für die Umsetzung eines DMP und sollen den Patient:innen dabei helfen, den Krankheitsverlauf besser zu bewältigen und wesentliche Therapiemaßnahmen selbstverantwortlich umzusetzen.

„Es gibt viele Möglichkeiten, etwas für die Besserung der aktuellen Situation zu tun, wir müssen nur die richtigen Ansprechpartner:innen und die richtigen Strukturen schaffen“Dr. Birgit Schilling-Maßmann, Ärztin im Adipositaszentrum Aktiv (Schwerpunkt Ernährungsmedizin) via Videocall dazugeschaltetCopyright: Laurin Schmidt, Verlag Der Tagesspiegel

Henning Stötefalke, Leiter des Hauptstadtbüros der DAK-Gesundheit und Prof. Martina de Zwaan, Fachärztin für Psychosomatik, sind sich einig: Die Einführung des DMP-Adipositas sei ein guter erster und längst überfälliger Schritt, jedoch sollte bereits vor dem Erreichen eines BMI von 35 eingegriffen werden. „Viele Patient:innen benötigen Hilfe bei dem Prozess sich einzugestehen, dass sie eine Veränderung nicht selbstständig umsetzen können“, so Martina de Zwaan. Prof. Sharma ergänzt: „Um diese Patient:innen in der Versorgung zu unterstützen, müssen die Versorgungsmöglichkeiten erst einmal geschaffen werden. Adipositasmedikamente sollten in die Regelversorgung aufgenommen werden und je früher mit der Behandlung begonnen wird, desto besser“. Die an der Diskussion beteiligten Expert:innen kamen zu einem gemeinsamen Schluss: Die ersten Pfade zur Verbesserung des Behandlungsprogramms werden aktuell eingeschlagen, die Zukunft sollte jedoch mehr Handlungspfade für die Versorgung mit sich bringen. Sie plädierten unter anderem für politische Rahmenbedingungen, die einen gesunden Lebensstil erleichtern, so wie eine verstärkte Finanzierung und schnelleren Zugang zu Therapien, um die Situation für Erkrankte in Deutschland nachhaltig zu verbessern.

Quellen:
  1. World Health Organization (2000) Obesity: preventing and managing the global epidemic. WHO. Technical Report Series 894. Geneva, Switzerland

  2. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/FactSheets/JHealthMonit_2022_03_Uebergewicht_GEDA_2019_2020.pdf?__blob=publicationFile (Letzter Zugriff: 11.06.2024)

  3. Luck-Sikorski C, Bernard M (2021): Stigmatisierung und Diskriminierung von Patient*innen mit Adipositas. Psychotherapeut 66(1):28–34. doi:10.1007/s00278-020-00475-1

  4. Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie: S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen. Version 2.3 (Februar 2018) AWMF-Register Nr. 088-001. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/088-001l_S3_Chirurgie-Adipositas-metabolische-Erkrankugen_2018-02.pdf. (Letzter Zugriff: 11.06.2024)

  5. Kaplan LM, Golden A, Jinnett K, et al. Perceptions of Barriers to Effective Obesity Care: Results from the National ACTION Study. Obesity (Silver Spring). 2018;26(1):61‐69. doi:10.1002/oby.22054.

  6. Gemeinsamer Bundesausschuss, Beschluss DMP Adipositas, November 2023. Verfügbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-6299/2023-11-16_DMP-A-RL_Anlage-2-23-24-Adipositas_BAnz.pdf (Letzter Zugriff: 11.06.2024

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